Ok, auch in Miete kann man ganz gut wohnen, besonders in Deutschland. Und trotzdem: wer im Eigentum wohnt, ist mit seiner Wohnsituation zufriedener und zwar europaweit. Das ergab eine Studie der ING Diba, die in 13 europäischen Ländern insgesamt 13.000 Menschen befragte.
Deutschland deine Mieter
Im europäischen Vergleich ist Deutschland beim Wohneigentum Schlusslicht. Hier leben die meisten Menschen zur Miete. In der Studie gaben nur 36% der Befragten an, in Eigentum zu leben, egal ob Wohnung oder Haus. Doch obwohl auch viele Deutsche lieber im Eigentum als zur Miete wohnen würden, sind sie mit ihren Wohnverhältnissen doch relativ zufrieden. Mieten werde in Deutschland weniger als in anderen Ländern als Notlösung angesehen. Eigentum gelte nicht zwingend als Lebensziel. In den USA z.B. sähe das anders aus. Hier gelte mieten als Wohnsituation von denjenigen, die es sich nicht leisten können zu kaufen, also Studenten, jungen Erwachsenen oder auch Geringverdienern – außerhalb der Zentren von Großstädten könne es fast schon als soziales Stigma betrachtet werden, wenn man nicht im Eigentum lebe, so die Ergebnisse der Studie.
Warum ist mieten in Deutschland so normal?
Die Gründe dafür sind vielseitig. Ein wichtiger liegt aber in der deutschen Geschichte. In der Nachkriegszeit wurde durch die Zerstörungen und die vielen Vertriebenen schnell viel Wohnraum benötigt. Effektivster Weg waren Mietwohnungen.
Außerdem ist Deutschland relativ dicht besiedelt, hier finden sich durchschnittlich doppelt so viele Menschen auf einem Quadratkilometer wie in der restlichen EU. Besonders in den Städten wird daher in die Höhe gebaut und Wohnungsbau bedeutet noch fast immer Miete, selbst wenn die Zahl an Eigentumswohnungen in den letzten Jahren ein bisschen zugenommen hat.
Auch das Ausbildungsniveau hemmt den Erwerb von Wohneigentum. Der Einstieg in die Arbeitswelt rückt immer weiter nach hinten, da die Ausbildung vieler junger Menschen heute wesentlich mehr Zeit in Anspruch nimmt. Ist die Ausbildung beendet, wird für den ersten Job oft umgezogen. Die Verbreitung von befristeten Verträgen sorgt dafür, dass der Schritt in Richtung Wohneigentum oft vermieden wird.
Auch dem hohen Baustandard ist es zu verdanken, dass in Deutschland mehr gemietet wird als in anderen Ländern. Auch in Mietwohnungen bekommt man hierzulande gute Wohnqualität. In Paris oder London sieht das ganz anders aus. Für eine Miete, für die man selbst im teuren München gleich zwei Wohnungen bekommen würde, kriegt man hier auf kleinster Wohnfläche undichte Fenster und kaputte Sanitäreinrichtungen. Allgemein ist das Mieten in Deutschland also noch relativ günstig, auch weil es schlicht ein großes Angebot gibt, selbst wenn einem das momentan nicht so vorkommen mag. In Spanien z.B. werden nur 15% der Wohnungen überhaupt zur Miete angeboten.
Die Politik in Deutschland ist recht mieterfreundlich, auch wenn man über die Mietpreisbremse denken kann, was man möchte. Im Vergleich dazu geht die Grunderwerbssteuer schon ganz schön ins Geld, auch wenn sie nur einmalig erhoben wird. In NRW beträgt der Satz derzeit 6,5% vom Kaufpreis. Da kommen schnell einige tausend Euro zusammen. Generell steigende Preise für Wohneigentum, sowohl fertige Häuser als auch Baugrund, bewegen viele Menschen dazu, lieber in verhältnismäßig sicheren Mietverhältnissen wohnen zu bleiben. Denn auch der generell soziale Ansatz der deutschen Gesellschaft sorgt dafür, dass man nicht zwingend Wohneigentum besitzen muss, um im Alter über die Runden zu kommen.
Mieten oder kaufen ist laut Experten auch eine Frage der Mentalität, Südeuropäer seien verwurzelter in ihrer Heimat, die Deutschen hingegen liebten ihre Flexibilität, die sich in Mietwohnungen deutlich einfacher realisieren lässt.
Das alles führt dazu, dass die Deutschen sich in ihren Mietwohnungen überdurchschnittlich wohl fühlen. Verglichen mit anderen Ländern möchten weniger Menschen von der Miete ins Eigentum. Trotzdem bleibt ein Rest von 51% der Befragten (Durchschnitt in Europa. 60%), der mietet, aber lieber im Eigentum wohnen würde.
Warum haben wir nicht viel mehr Eigentümer?
Wenn doch immerhin die Hälfte der befragten Deutschen zur Miete wohnt, aber lieber Eigentümer wären, warum wagen nicht mehr Menschen den Sprung ins Haus oder die Eigentumswohnung?
Steigende Preise
Für viele Menschen ist es schlicht der Preis einer Wohnimmobilie, der sie davon abhält, Eigentum zu erwerben. Und tatsächlich sind die Baupreise in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im August 2017 hatten wir sogar einen besonders hohen Anstieg von 3,1% verglichen mit dem August 2016. Und dabei handelt es sich nur um die Preise für den Bau, das eigentliche Grundstück ist dabei noch nicht enthalten.
2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | Mai 2017 | August 2017 |
2,5% | 2,0% | 1,8% | 1,6% | 2,1% | 2,8% | 3,1% |
Aber es sind nicht die Preise allein, die Menschen davon abhalten, ein Haus oder eine Wohnung zu bauen bzw. zu kaufen.
Fehlendes Angebot
Auch die Grundstückspreise haben massiv angezogen. Da sich auch hier Angebot und Nachfrage auf den Preis auswirken, kann man sagen, dass es einfach zu wenig Bauland gibt. Nur wo soll das noch herkommen? In vielen ländlichen Gemeinden stehen Gebäude leer und trotzdem wird Bauland ausgewiesen. Im Mittel ist das dann eine ganz passable Zahl, aber davon hat ja keiner was, wenn niemand die Grundstücke kauft. Woran es mangelt sind Baugrundstücke, die sich auch für die Zielgruppe eignen und das sind in den meisten Fällen junge Familien. Das neue Bauland benötigt also eine gute Infrastruktur und generell Attraktivität, um anzukommen. Besonders in Städten sind solche Flächen Mangelware. Außerdem scheuen sich viele Grundbesitzer, ihr Eigentum zu verkaufen.
Angst
Auch die Angst vor der langfristigen finanziellen Bindung hält viele Mieter ab. Natürlich ist ein Hausbau oder –kauf mit einer großen finanziellen Belastung über mehrere Jahre verbunden. Auf der anderen Seite sind Banken meist wesentlich kulanter, wenn sich die Vorzeichen verändern. Können Raten durch z.B. Arbeitslosigkeit, Krankheit oder auch Trennung vom Partner nicht mehr bedient werden, hilft ein offenes Gespräch mit der Bank. So lassen sich Raten für eine bestimmte Zeit aussetzen oder verringern. Versuchen Sie das mal Ihrem Vermieter zu erklären.
Fehlende Flexibilität
Wer ein Haus hat, der zieht nicht mehr um, so sagt man. Sicherlich ist es mit Wohneigentum schwieriger, denn da muss ein Käufer gefunden und Raten unter Umständen sogar weiter bedient werden. Trotzdem ist es nicht unmöglich und wenn Sie sich nun das Leben im Eigentum wünschen, sollten Sie nicht darauf verzichten, nur weil Sie vielleicht in Zukunft umziehen wollen oder beruflich müssen.
Und wenn man eben doch ein Haus will?
Mehr als die Hälfte der Befragten geht davon aus, sich niemals Wohneigentum leisten zu können. Dabei lässt sich der Preis auch ein bisschen unter Kontrolle halten. Zunächst ist das Grundstück ein entscheidender Preistreiber. Größe und Lage beeinflussen den Kaufpreis. Kann man sich also mit einer etwas ländlicheren Umgebung anfreunden, kann man einige Euro sparen. Auch die Größe ist entscheidend. Mit cleveren Bauweisen benötigt man wenig Grundfläche und kann trotzdem modern und komfortabel wohnen.
Auch beim Bau selbst lässt sich sparen
Brauchen Sie wirklich einen Keller? Allein für einen Keller müssen Sie mit ca. 300€ pro Quadratmeter Grundfläche rechnen – hier kann also eingespart werden. Andererseits muss dann das Wohnhaus ggf. größer ausfallen. Wird der Keller also gut ausgenutzt geplant, kann es sogar günstiger sein, mit Keller zu bauen, weil sich die Grundstücksfläche reduzieren lässt. Das hängt aber auch stark von den Bodenverhältnissen ab und lässt sich nicht pauschalisieren. Achten Sie also immer auf Ihre individuellen Bedingungen.
Wenn es beim Wohneigentum einfach um das Gefühl der eigenen vier Wände geht und weniger um Selbstverwirklichung und Präsentation eines ganz eigenen Lebensgefühls, dann könnte ein Fertighaus eine lukrative Möglichkeit sein. Hier sind alle Bauphasen ganz genau durchgeplant und damit weitaus effizienter als die Errichtung eines komplett individuellen Rohbaus. Mittlerweile lassen sich auch im Bereich Fertighäuser relativ viele Möglichkeiten der Gestaltung ausschöpfen.